Geschwindigkeits- und Gleichzeitigkeitsrausch

(Auch "Task-Hopping")

Vergessen Sie die Entdeckung der Langsamkeit und die Konzentration auf eine einzige Sache. Schließlich hat sich das menschliche Gehirn in seinen Fähigkeiten genauso weiterentwickelt wie die Technik, welche die beschleunigte Simultanarbeit möglich gemacht hat. Oder etwa nicht?

Der Mensch kann vielleicht bei einer eher automatisch ausgeführten Tätigkeit (Autofahren, Bügeln, …) telefonieren. Aber es ist nicht möglich zwei Denkaufgaben simultan zu erledigen. Wir können nicht wirklich ein schwieriges Telefonat führen und gleichzeitig eine E-Mail schreiben. Was wir meinen, wenn wir von Multi-Tasking sprechen, ist eher so etwas wie Task-Hopping.


Und das geht so: Fangen Sie an, eine beliebige Aufgabe zu bearbeiten, zum Beispiel das Lesen einer E-Mail vom Chef, das Schreiben eines Protokolls oder die Korrektur eines Dossiers von einem der Papierstapel auf Ihrem Schreibtisch. Bei der erstbesten Unterbrechung, zum Beispiel durch den Eingang einer neuen E-Mail (selbstverständlich haben Sie die optische und akustische Benachrichtigung aktiviert), legen Sie den aktuellen Vorgang beiseite. Sie lesen die neue E-Mail und beginnen direkt, sie zu beantworten oder eine daraus abgeleitete Aufgabe zu erledigen, ungeachtet der Tatsache, ob es dringend oder von Bedeutung ist. Natürlich vollenden Sie auch diese Tätigkeit nicht gleich beim ersten Mal. Sie switchen stattdessen zu einer anderen Sache, beispielsweise dem Papier, das Ihnen der Kollege gerade auf den Tisch gelegt hat. Und so weiter. 

Wenn Sie auf diese Weise genügend Aufgaben und Systeme geöffnet haben, können Sie dem Task-Hopping frönen, in dem Sie die Dinge wie ein Jongleur immer wieder anpacken und loslassen. Sollten Sie dafür nicht genügend echte Aufgaben zusammenbekommen, können Sie immer noch auf einen Papierstapel oder das E-Mail-Postfach zurückgreifen. Mindestens 20 bis 30 Mal in der Stunde sollte ein durchschnittlicher Wissensarbeiter nachgucken, ob neue E-Mails eingegangen sind. Das Stapeldurchsehen und Postfach-Checken wird quasi zu einer eigenen Regelaufgabe. Und mit etwas Glück ist eine neue E-Mail da, der man sich direkt widmen kann. Oder es finden sich unerledigte Aufgaben im Papier- oder E-Mail-Bestand.

Auf diese Weise können Sie Ihren Arbeitstag in kleinstmögliche Zeithäppchen fragmentieren. Sie gewinnen das schöne Gefühl, viel bewegt zu haben (nämlich Papier und Daten von rechts nach links), ohne wirklich etwas in Bewegung gebracht beziehungsweise erledigt zu haben. Alle Kollegen und Vorgesetzten können ihren Beitrag leisten. Task-Hopping kann durch DringlichkeitsvortäuschungE-Mail-MissbrauchDatei-Miss-Management andere Bürosünden gefördert werden.