Den Blick für den Kunden verloren?

Diese Skizze habe ich in einer stillen Stunde aufs Flipchart gebracht. Es zeigt den Querschnitt eines Bürogebäudes und verschafft uns eine Perspektive, den meisten Büro- und Wissensarbeitern wohl vergönnt bleiben wird. Was wir sehen, sind einerseits wartende, verärgerte Kunden (unten rechts im Bild) und andererseits ein mehr oder minder munteres Treiben in den Büros und Besprechungsräumen des Unternehmens. Das eine hat mit dem anderen nur indirekt etwas zu tun. Und genau das ist das Problem.

 

„Was habe ich denn mit Kunden zu tun?“, werden sich hier viele fragen. Diese Frage ist berechtigt, vor allem, wenn man eine strategisch bedeutsame Funktion innehat oder aber in einer Abteilung sitzt, in der es um das knallharte Tagesgeschäft geht. Da hält man sich diese lästigen Störenfriede lieber vom Hals. Wozu haben wir denn extra den Vertriebsapparat, die Call-Center, den Kundendienst und die Reklamationsbearbeitung? 


Überlassen wir doch lieber diesen Kollegen an der Front die Berührung mit dem Kunden. Oder sollten wir lieber Feindberührung sagen? Immerhin bedienen wir uns ja gerne aus dem Militärjargon, wenn es um Marktbearbeitungsstrategien geht: Markteroberung, flankierende Maßnahmen, Guerilla-Marketing …

 

In diesem Zusammenhang wollen wir lieber mal die Herkunft des Wortes Kunde in Abrede stellen: Im Alt- und Mittelhochdeutschen bedeutete es angeblich „Bekannter“, „den man kennt“ oder sogar „der Vertraute“. Der Begriff Kunde stammt vom Althochdeutschen chundo ab, was unter anderem „Bekannter“ bedeutet (Jacob und Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Bd. 11, Sp. 2620, Art. „Kunde, m. notus“; online: http://woerterbuchnetz.de/DWB/?bookref=11,2620,35). Auch im Mittelhochdeutschen behielt der Begriff Kunde die Bedeutung „der bekannt ist, den man kennt, … ihre Vertrauten“ (Mathias Lexer: Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, Bd. 1, Sp. 1771; online: http://woerterbuchnetz.de/Lexer/?bookref=1,1771,3).